Den Verkaufszahlen nach zu urteilen, gibt es nur wenige Charaktere, nicht einmal Harry Potter oder Spider-Man, die mit der globalen Anziehungskraft von Mario mithalten können.
Der schnauzbärtigen italienisch-amerikanischen Klempner, der seit den 1980er Jahren in unzähligen Nintendo-Videospielen mitgespielt hat, manchmal an der Seite seines ewig überschatteten Bruders Luigi, zeigt sein neuestes Abenteuer auf der großen Leinwand.
Mit dem Film Super Mario Bros. unter der Regie des sehr jungen Duos bestehend aus Aaron Horvath und Michael Jelenic, die ihre Hausaufgaben mit der Arbeit bei den Teen Titans gemacht haben, wird man alles treffen, was das „imagineMario“ von Nintendo ausmacht.
Filme, die auf Spielen basieren, sind und bleiben eine ganz eigene und seltsame Sache. Detective Pikachu und Sonic the Hedgehog waren bereits viel besser als beispielsweise Assassin’s Creed und Mortal Kombat, und es kann nicht viel schlechter sein als der ursprüngliche Mario-Film. Aber bisher konnte man noch nicht von einer grandiosen Erweiterung für das Franchise sprechen. Bis heute, denn der Super Mario Bros. Film ist genau das.
Im Laufe der Jahre sind eine Reihe von Filmen erschienen, die eine IP aus Nintendos Stall verwenden. Man denke an den Animationsfilm Animal Crossing aus dem Jahr 2006 oder die Live-Action-Version von Super Mario Bros. aus dem Jahr 1993. Allerdings hat Nintendo bisher noch nie einen Kinofilm selbst produziert.
Als die Nachricht bekannt wurde, dass Nintendo sich für diesen Film mit Illumination, dem für die Minions verantwortlichen Studio, zusammengetan hatte, war es ein bisschen wie eine Schock. Diese Animations-Firma hat außerhalb von den Minions nur wenige Fans unter den etwas Älteren und Mario soll natürlich Jung und Alt Spaß machen. Es schien eine große Diskrepanz zu sein, aber aufgrund der Verbindung zu Universal, wo Nintendo auch Nintendoland-Parks baut, fiel der Groschen schnell. Glücklicherweise wurde ein Großteil der Bedenken zerstreut, als sich herausstellte, dass Marios geistiger Vater, Mr. Miyamoto-san, ebenfalls mit nicht nur einem kleinen Teil seine Finger im Spiel haben würde. Mit einem so legendären Mann an der Spitze kann man nichts falsch machen, oder?
Dreißig Jahre nach der Enttäuschun des ersten Mario-Films unternimmt Nintendo einen weiteren Versuch, unseren Lieblingsklempner auf die große Leinwand zu bringen. Diesmal verzichtet man auf Maschinengewehre, menschliche Goombas und allzu echte Dinosaurier.
Nein, der Schritt von der Spiel- zur Filmfigur ist diesmal viel subtiler. Wenn Super Mario Odyssey für jemandes das erstes Mario-Spiel war, bemerket man vielleicht gar nichts. Denn abgesehen von einem etwas kleineren Schnurrbart und runderen Wangen ist es genau der Mario, wie man ihn jetzt kennt und liebt.
Jeder, der schon einmal ein Mario-Spiel gespielt hat, weiß, dass die Spiele oft eine hauchdünne Geschichte haben. Oft kommt es nicht weiter als zu einer Variation von Bowser, der Peach entführt und Mario sie wieder retten muss. In Der Super Mario Bros. Film ist es eigentlich gar nicht so anders. Der Film beginnt in Brooklyn, wo Mario und Luigi als Klempner arbeiten.
Nach einer kurzen Einführung werden sie durch einen Kanalisationsunfall in ein mysteriöses grünes Rohr gesaugt und die Brüder landen beide an verschiedenen Orten innerhalb des Pilzkönigreichs, woraufhin sie sich finden müssen, um gemeinsam nach Hause zu kommen.
Im Hintergrund steht die bekannte Geschichte von Bowser, der in Peach verliebt ist und das Pilzkönigreich übernehmen will und natürlich verflechten sich diese Wege. Was die Story angeht, hat der Film wenig zu bieten, aber mit einer Laufzeit von nur 92 Minuten kann man auch nicht viel mehr erwarten. Glücklicherweise nehmen Nintendo und Illumination die klassische Geschichte praktisch jedes Mario-Spiels nicht zu ernst und schaffen es, sie auf eine neue Art und Weise unterhaltsam zu halten. So werden zum Beispiel einige Sprünge in der Geschichte gemacht, ohne dass man ihnen allzu viele Erklärungen widmet, aber das stört nicht, weil die Charaktere das alles nicht allzu ernst nehmen.
Musikalisch ringt Super Mario Bros. ein bisschen mit sich selber. Der Film strotzt nur so vor subtilen Verweisen auf ikonische Mario-Melodien. Zum Beispiel kann man den bekannten Dudu-Dudu-Dudu in der Kanalisation hören und Luigi hat einen sehr erkennbaren Klingelton. Auf der anderen Seite gibt es extrem übertriebene Orchesterwiedergaben des Mario-Soundtracks, die sich gelegentlich fehl am Platz anfühlen. Es ist offensichtlich fantastisch gespielt, aber viel zu bombastisch für einen Film wie diesen.
Wo der Film glänzt, sind die verwendeten Easter Eggs. Egal, ob man seit fast 40 Jahren süchtig nach Mario-Spielen ist oder gerade erst auf die Welt gekommen ist und mit einem Kilo Popcorn im Kino sitzt, der Film ist wirklich ein Fest der Anerkennung für jeden, der etwas mit Mario zu tun hat. Von Anfang bis Ende wird man nicht nur mit Verweisen auf das Mario-Universum, sondern auch auf alle Arten von Nintendo-Klassikern überschwemmt. Kid Icarus, Starwing (Star Fox), Donkey Kong 64, sie alle ziehen vorbei und das in einem so schnellen Tempo, dass man sich den Film mindestens ein- oder dreimal ansehen muss, um alles zu entdecken.
Viele der Referenzen gehen auf die Anfänge in den 1980er Jahre zurück – als Nintendo die Welt im Alleingang mit Videospielen in seinen Bann zog, die mit den damaligen Standards brachen. Oder auch Super Mario 64, das vielleicht bahnbrechendste Plattformspiel aller Zeiten. Aber andere, vielleicht weniger ikonische Mario-Titel werden nicht vergessen. Ein Power-Up aus New Super Mario Bros. DS wird phänomenal in die Handlung eingebunden, aber auch Fans von Super Mario 3D World oder Super Mario Odyssey werden nicht enttäuscht.
Glücklicherweise ist der Film nicht nur ein Fest der Anerkennung, sondern auch für das Auge. Als Animations-Enthusiast steht Illumination für viele ziemlich ganz unten auf der Liste der großen Studios, aber mit diesem Mario-Film haben sie sehr überrascht. Auch hier ist leicht zu erkennen, dass Herr Miyamoto das Studio unter seiner Fuchtel hat, denn alles sieht wirklich toll aus. Die Nähte in Marios Kleidung, die Art und Weise, wie er einen Block trifft, die süße Farbpalette, die atemberaubenden Umgebungen, alles strahlt Mario aus und dafür kann man gerne seinen Mario-Hut ziehen. Nur hat leider Marios Hinterteil eine Abmagerungskur bekommen, eigentlich schade.
Das alles gilt übrigens für alle Illumination-Versionen der beliebten Mario-Charaktere. Obwohl man von Bowser sagen könnte, dass er Tobias Meister genauso ähnelt wie einer Schildkröte. Die Balance zwischen den verschiedenen Mario-Charakteren und dem begleitenden Schauspieler wird von der gesamten Besetzung gut gewahrt. Obwohl einige Schauspieler ein bisschen mehr als andere glänzen.
Es ist erstaunlich, wie natürlich die Stimme von Leonhard Mahlich zu Mario passt. Hier und da verwöhnt er sogar mit den berühmten Schreien die wirklich denen ähnlich sind, die man von Charles Martinet (der Original-Stimme von Mario) kennt, einschließlich des Moments, in dem man den schnauzbärtigen Klempner in seinem berühmten Kart fahren sieht.
Tobias Meister übertreibt etwas mit seiner Interpretation von Bowser, aber das ist genau das, was dieser Film brauchte. Bowser ist jetzt auf eine ganz andere Art und Weise „beängstigend“, als man es gewohnt ist. Marios Gavrilis und Gerrit Schmidt-Foß wissen auch, wie sie ihre Charaktere (Donkey Kong und Luigi) stärken können, indem sie ihre eigene Albernheit in die Schauspielerei einbringen.
Prinzessin Peach hat im Film auf ganz andere Weise mehr Charakter angenommen und ist neben Bowser der absolute Superstar des Films. Das liegt zum Teil an Dalia Mya Schmidt-Foß‘ Schauspiel, aber vor allem am gigantischen Badass-Gehalt der Spielfigur. Schließlich bekommt die Prinzessin den Respekt, den sie verdient, indem sie etwas prominenter ist. Sie tut dies natürlich durch lustige und intelligente Kommentare und das Entwickeln von Plänen, aber vor allem durch viele coole Backflips und Purzelbäume, wie es der Badass des Films tun soll. Endlich bekommt die Prinzessin den Respekt, den sie verdient, indem sie etwas prominenter ist.
Der Super Mario Bros. Film passt perfekt zum Repertoire von Nintendo. Alles, was auf der großen Leinwand stattfindet, hat eine ähnliche Magie wie die Spiele, an denen sie seit 35 Jahren arbeiten – etwas, das viele vorher für unmöglich hielten. Es ist fast unmöglich, ein Lächeln während der anderthalb Stunden zu unterdrücken, aufgrund der Überlastung mit Nintendo-DNA, Freude, Erinnerungen und Referenzen.
Der Super Mario Bros. Film hat auch keine Angst, aus dem Mario-Universum herauszutreten. Warum sind Mario, Luigi und Peach im Pilzreich? Wo kommen eigentlich Mario und Luigi her? In solchen Momenten schlägt nicht nur das Gamer-Herz höher, sondern der Film bekommt sogar ein wenig Tiefe. Schade nur, dass solche Momente nur sporadisch vorkommen. Im Gegensatz zu Meisterdetektiv Pikachu, der es gewagt hat, die Pokémon-Franchise in unbekanntes Terrain zu ziehen, ist dieser Film genau das, was der Fan erwartet.
Wo Mario und Donkey Kong seit den 1980er Jahren kaum aneinandergeraten sind, wird ihre ursprüngliche Rivalität in diesem Film auf großartige Weise zurückgebracht. Donkey Kong ist vielleicht einer der Höhepunkte des Films und weiß, wie man sich über den wunderbar guten und manchmal etwas albernen Mario lustig macht. Das soll nicht heißen, dass Super Mario selbst keine starken Momente hat: Ihr Kampf miteinander ist aber eine Leistung für sich.
In der Tat wird hier deutlich, wie frei sich Miyamoto die ganze Zeit von der US-Populärkultur entlehnt hat. Marios Beziehung zu Pilzen ist der von Popeye zu Spinat sehr ähnlich (angeblich hat Nintendo versucht, die Popeye-Rechte zu kaufen). Prinzessin Peach und ihre Pilzmenschen erinnern an Glinda und die Munchkins. Und man muss sich fragen, nach wem der bedrohliche, aber dämliche Gorilla Donkey Kong ursprünglich benannt wurde.
Ein viel zu kurzes Vergnügen für Jung und Alt
Super Mario Bros. ist ein nahezu perfekter Kinderfilm, aber nicht nur. Er ist atemberaubend animiert, er hat genug Schwung, um Jugendliche davon abzuhalten, sich zu langweilen, und fast jeder Charakter ist einzigartig und sympathisch.
Es ist klar, dass Nintendo die Fehler des anderen Mario-Films, des Live-Action-Films von 1993, der ironischerweise von einigen Kindern der 90er Jahre geliebt wird (es ist alles, was sie hatten!), aber letztendlich nicht die Magie der Spiele einfangen konnte.
Dieser neue Film ist vollgestopft mit allem, woran man sich bei Nintendos Superhelden gern erinnern würde. Es ist ein nostalgisches Toben für Erwachsene, und es ist einfach eine lustige Zeitvertreib für Kinder.
Es ist offensichtlich, dass Nintendo mit dieser Anpassung keine großen kreativen Risiken eingehen wollte. Das Drehbuch von Matthew Fogel ist voller Humor und Referenzen, um Fans vor Langeweile zu bewahren.
Empfehlenswert.