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Total War: Warhammer im Test – Fantastisches Grenzland

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Der neueste Spross der Kultserie zieht Grenzen und überschreitet sie. Er ist der Brückenbauer zwischen zwei unglaublich berühmten Franchises. Dort wo früher Würfel fielen, wird jetzt der Kriegshammer geschwungen. Nur schlägt er auch ein?

Der Tisch ist gedeckt und die Fliesen sind gewischt. Das Bad ist geschrubbt und das Grillfleisch brutzelt schon munter vor sich hin. Wir freuen uns wie ein Schnitzel, denn nach langer Zeit treffen wir einen alten Bekannten wieder. Man kennt sich schon seit Jahren und jede Begegnung ist ein herrliches Revival altgedienter Rituale. Eines dieser Rituale ist die Sprache. Schon immer haben wir mit unserem Bekannten auf Englisch geschnackt. Keiner spricht die Mundart des anderen. Doch dann, plötzlich, steht er vor der Tür und plappert auf Deutsch los. Weiß der Geier, wo er das gelernt hat, aber man kennt sich ja. Es wird schon alles glatt gehen. Denkste! Der Bekannte ist zwar noch immer irgendwie derselbe – aber gleichzeitig auch irgendwie nicht mehr. Denn wir müssen jedes seiner Worte neu bewerten und interpretieren. Dadurch, dass der Sprachcode ein gänzlich anderer ist, kommt die Denke und die Meinung unseres alten Buddys auf einmal komplett anders rüber. Und dann fällt uns natürlich noch auf, dass unser guter Kumpel gar kein Mensch und auch kein Fall aus dem Soziologiekurs ist, sondern der neueste Teil einer Kultserie. Der gute Bekannte heißt nämlich Total War und die neue Sprache, die er spricht, heißt Fantastik.

Spieglein, Spieglein…

Sapperlot!, denken wir uns. Total War und Fantastik. Das war über gefühlte Äonen und reelle fünfzehn Jahre unmöglich. Zwar gab es durch das aufgeweckte Moddertum der TW-Szene schon immer Fantasyspirenzchen (man erinnere sich nur an die legendäre Total Conversion von Medieval II ins Herr-der-Ringe-Universum), aber der Grundstock der Serie blieb rein historisch. Doch nachdem man die erfolgreichen Serienteile Shogun, Medieval und Rome schon gedoppelt hatte und alle Welt über Empire II oder sogar Medieval III spekulierte, überraschte das englische Entwicklerstudio Creative Assembly die Fangemeinde mit dem Erwerb der Lizenzen vom Rechteinhaber Games Workshop. Dessen Werk: Warhammer. Die Serie setzte zum ersten Mal ihre Segel in Richtung Fantasy. Und damit in völlig neues Gameplay – das hätte man zumindest meinen können.

Total War: Warhammer ist zwar nicht der große Wurf - aber immer noch richtig, richtig gut
Altbewehrt und schlachterprobt: Das neue, alte Interface

Doch auch hier überrascht Creative Assembly wieder. Denn man findet sich als altgedienter Serienfuchs in einem fantastischen Spiegel des Serienvorgängers Attila wieder. Zumindest strategisch gesehen. Die Schlachten sprechen indes eine andere Sprache. Doch dazu später mehr. Denn zwar blicken wir in einen Spiegel, aber der ist nicht ganz auf Hochglanz poliert. Es fehlen einige Konturen, die Bildschärfe ist nicht ganz so tief – genauso wie das Strategiegameplay.

Aller Anfang ist einfach

Das bringt nicht nur Nachteile mit sich. Der Einstieg geht damit für Neulinge der Franchise erfreulich einfach von der Hand. Die (optionalen) Einführungen weisen einem geschniegelt wie noch nie den Weg ins Total-War-Universum: Wir bauen rundenweise unser Reich auf, indem wir unserer Wirtschaft verwalten und uns provinzweise auf Kosten unserer KI-Nachbarn ausdehnen, um unsere Ziele zu erreichen – und gelegentlich die Weltherrschaft zu erlangen.

Wie gehabt entscheidet man sich dabei anfangs für eine von vier Fraktionen, um dann seinen Siegeszug auf der Kampagnenkarte entgegenzutreten oder seinem Untergang zu begegnen. Doch haben wir richtig gehört? Vier? Nur vier Fraktonen!? In einem Total War? Doch in der Tat, die Zahl ist korrekt. Und sie wirkt Wunder im Wohlfühlkurs für angenehmes Einsteigen. Denn Entscheidungen wie in Total War – Rome II, bei denen man zwischen zig Barbarenstämmen mit vernachlässigbar kleinen Unterschieden zu wählen hatte, sind passé.

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Jede Fraktion wird bedeutungsschwer wie effektvoll von unserem einäugigen Rabenfreund eingeführt.

Die vier Fraktionen aus Warhammer, die haben Charakter, die versteht man: Wer die Zwerge wählt, der muss zauberstabschwingende Zausel und magisches Tamtam verzichten. Der moderne Orkliebhaber lässt seine Schützlinge am besten in dauerhaftem Kriegsunwetter gedeihen. Dahingegen dürfen Vampirfreunde Tote auferstehen lassen und Instantarmeen für günstiges Geld ausheben. Und die Menschen? Die haben dank stark differenzierter Magiemätzchen und kraftvoller Fernkampfeinheiten gute Möglichkeiten, all die Parteien, die ihnen an den Kragen wollen (und das sind viele), auf Distanz zu halten. Es besteht also die Qual der Wahl. Aber es ist eine verständliche. Zumindest größtenteils.

Abstinenz…

Denn da wäre da noch die fünfte Fraktion: Das Chaos. Die gab es für Bestellungen bis eine Woche nach Release gratis, kostet aber mittlerweile als ausgekoppeltes DLC spürbar Geld. Doch gerade das Chaos macht das Warhammer-Universum zu dem, was es ist. Es ist das Salz in der Suppe, die beständige Bedrohnung, der tentakelige Cousin aus kalten Gefilden von Voldemort und Sauron. Total War: Warhammer ohne das Chaos auszuliefern ist wie eine Pizza ohne Belag aufzutischen. Sowas macht man nicht! Und dennoch ist es geschehen.

Ausgekoppelt und wütend: Archaon der Auserwählte
Ausgekoppelt und wütend: Archaon der Auserwählte

Als Partei spielt sich die Zusatzfraktion als Horde ähnlich wie die Hunnen aus Attila. Als brandschatzende Gemeinschaft wird Siedlung um Siedlung überfallen und Armee um Armee vernichtet. Die Beute wird in temporäre Bauten investiert, aus denen wir noch mehr Ungeheuerlichkeiten und Viechzeugs sprießen lassen. Die Jungs und Mädels von CA haben dabei durchaus an nette Kleinigkeiten gedacht. Stehen zwei chaotische Armeen zu nah beieinander, so behindert das verbreitete Chaos beider Truppenverbände den Loot und die Kampfkraft. Das zwingt einen dazu, die Armeen immer wieder entfernt voneinander zu positionieren – was sie aber gleichzeitig anfällig für Angriffe anderer Fraktionen macht.

Ähnlich erfrischende Sonderregeln finden sich bei jeder anderen Fraktion wieder: Die Zwerge besitzen ein Buch des Grolls. Untaten, die den bärtigen Halbwüchsigen widerfahren, werden dort penibelst eingetragen. Wer die Einträge nicht sühnt, verscherzt es sich mit anderen Zwergenvölkern und säht Unzufriedenheit in den eigenen Reihen. Zwerge sind nun mal nichts verzeihenden, wadenbeißigen Terrier mit Äxten! Es zwingt uns somit immer wieder in die Schlacht. Eigentlich ein geschickter Schachzug. Doch die Funktionsweise unterscheidet sich nicht groß vom Auftragerfüllen der anderen Parteien. Diese an sich interessante Neuerung ist von daher weniger innovativ als erhofft.

…und Schlichtheit

Dieses Recyceln bekannter Mechanismen begegnet uns zuhauf in Total War: Warhammer. Vampire lassen die Toten wieder auferstehen: Was für ein Schauspiel! Doch funktioniert es genauso, wie Söldner aus früheren Teilen anzuheuern. Chaos und Vampirismus verwandeln unsere Untertanen in tentakelige Ungeheuer oder reißzähnige Blutsauger und untergraben damit unsere Ordnung im Reich: Wie bildgewaltig das wäre! Aber der Mechanismus unterscheide sich so gar nicht vom Verbreiten der Religionen in Attila.

Und dann fallen auch noch einige andere Mechanismen weg. Besteurungen entbehren jeglicher Regelbarkeit. Ein wirksamer Hebel, um Bürgerunzufriedenheiten zu begegnen oder eben noch irgendwie wirtschaftlichen Krisen entgegensteuern, entfällt. Jahreszeiten sind passé und wurden durch die Winde der Magie ersetzt, die sich in Schlachten als Magiepool nur sporadisch durch Mangel auswirken. Und wo Attila noch mit einem der innovativsten Kits für fraktionsinternes Gameplay brilliert hat (was streckenweise sogar so funktioniert hat, wie angekündigt!), ist in Warhammer jegliche innere Streiterei abhanden gekommen. Haben in Attila noch dutzende Charaktere konspiriert oder gemeuchelt, so herrscht in Warhammer nun traute Einheit ohne Interaktionsmöglichkeiten.

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Mannfred van Carstein sieht im Fraktionsfenster ziemlich gut aus – ansonsten lässt sich damit allerdings nicht viel machen.

Dieser merkwürdige Kuschelkurs hat befremdlicherweise auch von den Völkern Besitz ergriffen: Denn aus irgendeinem unerfindlichen Grund geben sich Menschen- oder Vampirvölker damit zufrieden, Orksiedlungen oder Zwergenfestungen links liegen zulassen. Das Einäschern oder gelegentliche Plündern der Häuserzeilen ist da noch das höchste der Gefühle. Dasselbe gilt in umgekehrter Richtung. Creative Assembly begründet das mit dem Geschehen im Warhammeruniversum. Vampire besetzen nun mal keine langen Zwergenhallen à la Moria. Aber das hier ist ein Total War! Wir haben doch auch nicht bis 476 n. Chr. gewartet, um das römische Reich dem Erdboden gleich zu machen! Was gibt es denn Cooleres als eine riesige, unheimliche Bergfestung voller düsterer Blutsauger und Untoter!? Total War ist gerade dazu da, Grenzen zu überschreiten und den vorgegebenen Lauf der Dinge zu verändern!

Doch geschehen ist geschehen und vielleicht funktioniert die neue Spielmechanik ja auch. Die zielt nämlich darauf ab, die nicht eroberbaren Siedlungen durch das verstärkte Ausrauben als wichtige Geldquelle darstellen zu lassen. Das funktioniert nur bedingt. Im Gros der Fälle sind uns die Gebirge und Badlands ziemlich gleich. Als Zwerg oder Ork hingegen sind uns Menschensiedlungen und Vampirschlösser meist ziemlich schnuppe. Unsere Fraktionen büßen somit ob ihrer exquisiten Eigenheiten an Charakteristik ein. Das ist schade. Doch jetzt kommt das große ABER: Total War: Warhammer macht das wett!

Charakterstärke

Denn wo die Fraktion an sich beispielsweise an innerer Vielfalt einbüßt, werden die Generäle, Agenten und Fraktionsführer spürbar aufgepimpt. Das Game bietet Charakterstufen bis Level 30 an und offeriert dabei genug Optionen, um noch jeden General in eine individuelle Figur zu verwandeln. Funkensprühende Steuereintreiber sind genauso möglich wie kriegstreiberische Orkschamanen. Hinzu kommt, dass unsere Generalität erstmals anfängt, aktiv zu looten. Nach Schlachten springt immer mal wieder ein netter Gegenstand oder Gefolgsmann für unseren Armeevorstand ab, was die Kriegsführung attraktiver macht. Die Charaktarisierbarkeit macht spürbar Freude und lässt uns einige unserer tapfersten Streiter ans Herz wachsen. Ganz besonders gilt das für unsere Fraktionsführer.

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Die Kampagnen sind spürbar auf die Fraktionsführer zugeschnitten – und das macht Laune!

Diese Serienneuheit ist zwar arg an Civilization IV angelehnt – jeder Fraktion stehen zwei potentielle Fraktionsführer zur Auswahl (dem Chaos gar drei) – , funktioniert dabei aber auch mindestens genauso gut. Denn je nachdem, welchem charakterlichen Überflieger wir unsere Fraktion anvertrauen, ändert sich das anfängliche Gameplay massiv. Anfangs vor allem durch die mitgelieferten Einheiten. Denn darunter befindet sich nämlich mindestens immer eine ultimative Endeinheit unserer Fraktion. Einen ganz speziellen Platz in unserem Herzen hat dabei Mannfred van Carsteins Varghulf gefunden. Der plättete am Anfang noch ganze Regimenter und hatte selbst im späteren Kampagnenverlauf aufgrund seiner großen Erfahrung immer wieder schlachtentscheidende Positionen inne.

Überhaupt gewinnen Einzel- und Spezialeinheiten extrem an Bedeutung. Die ultimativen Armeegebäude bieten nämlich durchschlagkräftige Einzeleinheiten, die ganze Truppenkontigente unsicher machen können (siehe etwa unser niedliches Varghulfchen). Und Agenten kämpfen in Form von Nekromantie, Zauberei und Schamanismus erstmals selbst in Schlachten mit, was ziemlich gut gebalanced ist.

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Mehr als dreißig Level erfüllen auch noch jeden Rollenspielwunsch. Was wir uns noch gewünscht hätten, wäre eine etwas hübschere Präsentation.

Unter allem stechen unsere Fraktionsführer natürlich hervor. Dafür hat Creative Assembly mit sorgfältiger, cineastischer Einführung (danach war’s das übrigens mit Cineastik: Alles weitere, auch der Sieg, kommt als Textfenster daher) sowie eigenen Questreihen Sorge getragen. Zwar herrscht auch bei diesem TW-Novum wieder Recyclebetrieb – die Questreihen bestehen nämlich im Wesentlichen aus den aus früheren Teilen bekannten„historischen Schlachten“, die in die Kampagne integriert wurden – doch bringen sie trotzdem frischen Wind in die Bude, weil die Integration gelingt. Das geschieht vor allem durch den Sonderloot, den wir nach erfolgreichem Kampf erhalten. Mannfred van Carstein erschnetzelt sich beispielsweise einen monströsen Zombiedrachen und Imperator Karl-Franz darf am Ende auf einem mächtigen Greifen die Lüfte unsicher machen.

All das führt zu einem interessanten, nie dagewesenen Wandel in der Total-War-Historie: Der General kämpft an vorderster Front.

Unsterblich

In früheren Teilen verhielten sich unsere Generäle meistens eher passiv und griffen zwar beherzt, aber selten ein. Im Verhältnis zu Normaleinheiten benahmen sie sich in etwa so wie ein Porsche zu einem Passat. In Total War: Warhammer ändert sich das massiv. Da ist das Verhältnis so eher Monstertruck versus Trabbi. Wer seinen General nicht nach vorne wirft, der ist schlecht beraten. In unseren Schlachten fliegen unsere Feldherren und Fraktionsführer nur so von einem Scharmützel ins andere. Wir sind begeistert. Doch gleich in unserer ersten Schlacht laufen wir einem Irrglauben auf: Unsere Armeeführer sind zwar mächtig, aber nicht unbesiegbar.

Die Helden stehen auch im Schlachtfeld ihren Mann - oder was auch immer ihr Metall-Bronze-Fetisch aus ihnen gemacht hat
Die Helden stehen auch im Schlachtfeld ihren Mann – oder was auch immer ihr Metall-Bronze-Fetisch aus ihnen gemacht hat

So ließen wir unseren oberstem Fürsten der Dunkelheit freihe Hand, damit er sich fröhlich mit dem abtrünnigen Pack eines anderen Vampirclans  balgen konnte, und widmeten uns eher anderen Brennpunkten. Als wir merkten, dass auch ein van Carstein im untersten Level von ein  paar staubigen Skelettkriegern eingeäschert werden kann, ist das Kind schon in den Brunnen gefallen. Van Carstein ist tot. Wir ärgern uns, aber das ist halt Total War, da kann man halt nichts machen. Aber halt! Doch! Creative Assembly kann.

Denn damit unsere Fraktionsführer und Identifaktionsfiguren nicht töricht wie in unserem Fall aus dem Spielgeschehen geworfen werden, schickt CA die Rädelsführer in einem solchen Fall für einige Runden ins Lazarett. Das ist ein Glück für uns und durch CAs verstärkten Fokus auf Einzelcharaktere auch durchaus sinnig. Wir stellen einen bärbeißigen Nekromanten als Platzhalter ein und stürzen uns wieder ins Schlachtgetümmel.

Die Kriegsmaschine

Denn dahin schickt uns Total War: Warhammer immer wieder. Wie kein anderer Serienteil vor ihm, drängt uns der neue Spross aufs Schlachtfeld. Das Buch des Grolls, die Chaoshorde oder der Waaagh-Mechanismus der Orks sind alles Faktoren, um Armeen aufeinanderprallen zu lassen und Stadtmauern einzureißen. Und warum auch nicht? Noch nie zuvor haben Schlachten derart viel Spaß gemacht und sich so unterschiedlich gespielt, wie in diesem Serienteil.

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In jeder Schlacht dabei und führt garantiert zum Krieg: Das Zwergenbuch des Grolls.

Denn die vier (/fünf) Fraktionen mögen sich zwar im Strategiemodus unterscheiden – doch im Schlachtmodus trennen sie Welten. Orks schicken die dicksten Bestien und schwersten Klopper ins Feld und benehmen sich zuweilen wie eine Horde Panzer. Zwerge besitzen das größte Waffenarsenal des Spiels, trauen sich dafür aber nicht aufs Pferd und müssen ohne Kavallerie klar kommen. Die Menschen sind die Allrounder, besitzen von allem etwas und verstehen sich ganz besonders gut auf Geschosseinheiten. Auf Letzteres verzichten Vampire und setzen dafür auf besonders starke Flugeinheiten (die in TW:W ebenfalls eine gelungene Premiere feiern). Wir haben uns in jeder Schlacht und mit jeder Partei köstlich amüsiert, auch weil das Balancing klappt und die KI nicht groß muckt.

Denn die war der Total-War-Serie immer wieder zum Fallstrick geworden. Lebhaft dürfte sich noch die Strategiegemeinde an gegnerische Armeen aus Rome II erinnern, die sich in aller Seelenruhe haben zu Klump schießen lassen. Solcherlei Firlefanz begegnet uns in Total War: Warhammer hingegen kaum. Die KI hält gut mit und ist beizeiten auf höheren Schwierigkeitsgraden sogar ziemlich fordernd. Dafür sorgt aber auch, dass CA auch bei den Schlachten sein Schlankheitsprogramm angesetzt hat. Siedlungsgefechte wurden gleich zur Gänze gestrichen und Belagerungen befestigter Städte auf begrenzte Mauerabschnitte reduziert. Die KI dankt den Programmieren und liefert eine spürbar bessere Performance als in früheren Serienteilen.

Performanceplus

Und überhaupt: Performance! Wo uns Attila und Rome II noch zu jeder neuen Runde mit endlosen Ladezeiten spüren ließ, dass eine Jahreszeit vergeht, rauscht Warhammer nur so durch wie eine Frühlingsbrise. Auch deswegen laufen Kampagnen in Warhammer wesentlich schneller ab als zuvor. Und wenn doch was hakeln sollte, liefert CA ein umfangreiches Arsenal an grafischen Einstellungsmöglichkeiten mit, sodass TW auf noch nahezu jedem halbwegs aktuellen Rechner der letzten fünf Jahre flüssig läuft, ohne ins Hässliche abzudriften.

Das Spiel ist dank massiver Einstellmöglichkeiten selbst auf klappernden Reiselaptops noch erstaunlich ansehnlich wie flüssig
Das Spiel ist dank massiver Einstellmöglichkeiten selbst auf klappernden Reiselaptops noch erstaunlich ansehnlich wie flüssig

Mit dem Optischen hat Creative Assemlby im Übrigen nicht gegeizt. Zwar stößt es nicht in neue Sphären vor, doch bezaubert es immer wieder durch detailreiche Darstellungen: Städte, Einheiten und Generäle besitzen alle optischen Wiedererkennungswert. Auch der Schlachtensound sowie das Effektspektakel bewegen sich serientypisch auf hohem Niveau. Nur generische Feldschlachten geraten ab und an etwas mau. Aber das ist auch der einzige Wermutstropfen. Wir fühlen uns wohl in unserem Krieg!

Aufbruchsstimmung

Es hätte uns im Übrigen wenig überraschen dürfen, dass Total War: Warhammer am Ende das geworden ist, was es ist – schließlich kommt „Krieg“ gleich zweimal im Namen vor. TW:W ist der Serienteil mit dem größten Fokus aufs Schlachtenschlagen. Die neu entwickelten, wie auch die abgespeckten Mechanismen des Strategiepartes, die Fokussierung auf Helden und Charaktere und nicht zuletzt die großartig inszenierten und komplett unterschiedlichen Fraktionen führen immer wieder die Orkklaue gegen den  Zwergenbart, den Vampirzahn gegen den Menschenschild und die Chaostentakel gegen alle anderen.

Gleichzeitig ist Warhammer aber auch der Teil, der sich eben durch die Charaktere, das Fehlen von Strategiemechanishmen und durch die neuen Begrenzungen im Eroberungsgeschen am wenigsten wie ein Sandboxspiel anfühlt. Zuweilen erinnert uns unser Kriegszug an ein gewaltiges DOTA der Massenschlachten.

Für Total War: Warhammer lohnt es sich, zuzuschlagen
Für Total War: Warhammer lohnt es sich, zuzuschlagen

Doch insgesamt macht der neue Teil Lust und Laune, auf das, was noch kommen könnte und das was schon da ist. Denn TW:W ist nur der Auftakt zu einer angekündigten Warhammertrilogie. Schließlich gibt es noch massig nachzuliefern: Die Elfenvölker und die Skaven etwa oder ganze Kontinente wie die Neue Welt. Gleichzeitig kann man dadurch noch hoffen, dass CA eventuell gestrichene Mechanismen wie die Jahreszeiten oder die eingedampften Seeschlachten wieder ins Spiel bringt und den Strategieschwierigkeitsgrad etwas anhebt (denn der ist auf normal etwas arg einfach geraten sein). Alle drei Teile sollen nämlich kombinierbar sein und am Ende die gewaltigste Map der Seriengeschichte bieten.

Sollte CA also mit den kommenden Teilen das erhoffte, kreative Potential liefern, was sie schon in diesem Teil zuhauf haben aufblitzen lassen, dann können wir wahrhaft Großes erwarten. Auch weil sie (offiziell) ihrer bisherigen DLC-Politik des eher nutzlosen Kleinkleins abgeschworen und mit Attilla zum Teil auch schon bewiesen haben. Mithilfe der kommenden zwei Teile könnte das durchaus funktionieren und Creative Asselmbly so zu dem vorbildlichen Addon- und DLC-Verhalten der Civilizationserie oder der Paradoxgames aufschließen.

Total War: Warhammer funktioniert im ungefähren so, wie Star War VII in Bezug Star Wars IV funktioniert. Ein Aufbruch in neue Gefilde, mit dutzenden interessanten Neuigkeiten, aber ebenso vielen Dejà-vus, die die Durchschlagskraft vom neuen Teil eingrenzen. Wir wünschen Creative Assembly von daher den Mut, mit dem wir uns freudig in jede Warhammerschlacht stürzen und der uns gegen unzählige Feinde bestehen lässt: den Mut, Grenzen zu überschreiten.

Der Kriegshammer, der einschlägt
  • 10/10
    Atmosphäre - 10/10
  • 8/10
    Umfang - 8/10
  • 8/10
    KI - 8/10
  • 8/10
    Innovation - 8/10
  • 8/10
    Grafik - 8/10
  • 8/10
    Balancing - 8/10
  • 6/10
    Strategie - 6/10
  • 9/10
    Schlachten - 9/10
8.1/10

Fazit

Total War: Warhammer ist das Schlachtross der Serie. Es gibt so viele und vielfältige Waffengänge wie noch nie zuvor. Für Kämpfer, die mit snobistischen Diplomatiegedöns ohnehin nie viel haben anfangen können, ist Warhammer somit das Schmankerl, nachdem sie sich schon lange gesehnt haben. Grand-Strategy-Fanatikern mit einem ausgeprägtem Hang zu Kopfgeschichten und langfristig wie groß angelegten Plänen zur Welteroberung dürfte der neue Teil eher wie Schmalkost vorkommen. Trotzdem ist für jeden was dabei. Denn Warhammer ist sehr, sehr gut. Es ist zwar nicht der Olymp der Strategiegeschichte, aber wohl das Delphi. Denn es lässt sich kräftig und gut darüber orakeln, wie viel besser es mit den kommenden beiden Teilen noch werden wird.

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