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Review: Warhammer 40.000 Roleplay Wrath & Glory Dark Tides

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Mit Dark Tides veröffentlich Ulisses nun den ersten Abenteuerband für ihr brandneues Warhammer 40.000 Rollenspiel und wir wollen hier herausbekommen, ob es sich dabei um eine würdige Gabe für den Goldenen Thron oder um blanke Häresie handelt.

Dark Tides ist eine Sammlung von fünf Abenteuern, die zwar teilweise miteinander verbunden sind, aber im Grunde auch als Einzelabenteuer gespielt werden können. Das Buch deckt mit den Abenteuern auch alle vier Tiers ab, die im Grundregelwerk vorgestellt werden. Im Folgenden werde ich die einzelnen Abenteuer und deren Handlung besprechen, für Spieler gilt also erneut Spoilerwarnung!

Das erste Abenteuer „Descent“ präsentiert sich als Ermittlung einer Mordserie  innerhalb der Führungsriege eines gewaltigen Stadtkomplexes auf der Wasserwelt Charybdion.

Da es sich bei Charybdion um einen wichtigen Lieferanten für Lebensmittelrationen handelt, gibt der Rogue Trader Jakel Varonius den Spielern den Auftrag auf dem Planeten für Ruhe zu sorgen, bevor sich die Mordserie auf die Produktion auswirken kann. Der Rogue Trader fungiert in einer Art Spielercharakter für den Spielleiter und kann den Spielern mit Tipps zur Seite stehen. Für eine derart wichtige Person gibt es aber sehr wenig Informationen, man erfährt aus dem Buch weder wie er aussieht, noch was typisches Verhalten für ihn ist oder wie er überhaupt auf die Charaktere Aufmerksam werden könnte. Damit treffen wir schon frühzeitig auf ein Problem, dass sich durch alle Bücher zieht, denn das Buch gibt die Reaktionen der Spieler oft vor und gibt wenig Spielraum für eigene Ideen. Das Buch ist fast wie ein Roman geschrieben und es gibt im ersten Abenteuer sehr viel Vorlesetext. Ich habe das Abenteuer noch nicht selbst gespielt, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass reines Vorlesen die Aufmerksamkeit der Spieler nur selten aufrecht halten kann.

Das Abenteuer selbst ist in drei Akte aufgeteilt, die auch in exakt dieser Reihenfolge abgearbeitet werden müssen, da sie direkt aufeinander aufbauen und es, wenn man sich an die Vorgabe hält, gar nicht möglich ist, auf Informationen zu stoßen, die einen in die richtige Richtung lenken würden. Akt 1 beginnt mit einer Nachricht des Rogue Traders an seine Handlager, die Spielergruppe. Diese werden über einen Mord informiert und erhalten den Auftrag den Mörder zu fassen. Passenderweise wird man auch direkt in ein Shuttle verfrachtet und direkt in den nächsten Dialog mit dem verantwortlichen Beamten gebeamt. Dabei wird die Umgebung recht stimmungsvoll beschrieben, Interaktionsmöglichkeiten werden aber nur leicht angedeutet. Der Beamte gibt der Gruppe ein paar Informationen über den Mord, gibt sich dabei aber hochnäsig und besteht darauf, dass man ihm angemessen entgegenzukommen hat, was ein interessanter Charakterzug sein könnte, jedoch trifft man ihn danach auch nie wieder und seine Informationen sind generell sehr überschaubar. Eigentlich ist er nur ein Strohmann an dem man soziale Würfe testen kann, der einem daraufhin den nächsten Level „freischaltet“. Unabhängig davon, wie sich die Gruppe verhält erhält sie daraufhin Zugriff auf einen Transport zum Tatort des letzten Mordes.  Dort können die Helden verschiedenen Spuren folgen, die aber als untriftig von dem anwesenden Ermittler abgewiesen werden. Dieser sendet die Charaktere dann mit ihren offenen Fragen an einen Vertreter des Adeptus Mechanicus. Dieser erweist sich als nicht besonders hilfreich, kennt aber jemanden, der den Transport zwischen den Ebenen des Hives überwacht und die Charaktere werden wieder ohne großes Federlesen dorthin gebracht. Dieser Kontaktmann stellt sich als zwielichtig heraus und es entbrennt ein, relativ sinnloser, Kampf, der einen Abstieg in die unteren Bereiche des Hives ermöglicht. Hier wird die Gruppe zu weiteren Gesprächen gezwungen, die mehr oder weniger freiwillig und offen von einem geheimen Kult erzählen, der hier in der Gegend ihr Unheil treiben. Praktischerweise gibt’s auch gleich noch Koordinaten dazu. Hoffentlich bereits an die Schienen des Abenteuers gewöhnt, macht sich das Team auf die Suche nach dem Kult und trifft dort praktischerweise auf einen Kultführer, der in einer Ansprache gleich seinen Mord gesteht und Beweise vorlegt. Praktisch, aber nicht gerade spannend. Nachdem seine Flucht erfolgreich verhindert wird, ist das Abenteuer beendet. Ein gelungener Einstieg sieht leider anders aus. Gestaltet sich die eigentlich Idee des Abenteuers noch als ziemlich spannend, ist die rigorose Vorgabe der Wege alles andere als das.

Das zweite Abenteuer „Sleepwalker“ versteht sich selbst als Horrorabenteuer und gibt dem Spielleiter am Anfang auch ein paar hilfreiche Tipps, wie man die Stimmung für ein Horrorabenteuer aufrechterhalten kann. Nichts weltbewegendes, aber gerade für Einsteiger wirklich sinnvoll. Erneut folgt ein Abenteuer in drei Akten. Diesmal geht es darum, dass die Bevölkerung auf mysteriöse Art und Weise von Narcolepsie und Albträumen geplagt wird, die darin gipfeln, dass Schlafwandler zu Gewalttätern werden und sich sogar zu Gruppen zusammenrotten. Diese Horden beginnen zu einer nicht zu unterschätzenden Gefahr für die Megastadt werden. Nach dem die Gruppe den Rogue Trader als Auftraggeber erlebt, gestaltet sich das Abenteuer etwas freier, wenn auch nur durch eine große Liste an optionalen Encountern. Hier ist die Freiheit zwar nur vorgegaukelt, es fühlt sich aber organischer an, als die sehr starre Struktur aus dem ersten Abenteuer. Die Encounter mit der schlafwandelnden Bevölkerung sind dabei recht gelungen, sie bieten eine Mischung aus unheimlicher Atmosphäre und dem moralischen Dilemma mit der Frage, ob die Gruppe tatsächlich offenbar unschuldigen Bewohnern des Hives mit tödlicher Gewalt entgegentritt.

Im zweiten Akt betritt die Gruppe das Gefängnis von dem aus die Albträume auszugehen scheinen. Hier wird die Gruppe mit einem save-or-die Szenario konfrontiert, dass mit etwas Pech dafür sorgt, dass ein Charakter auch bei bester Gesundheit aus dem Spiel ausscheidet. Für ein Spiel mit so modernen Ansichten auf das Spielleitern ist das ein erstaunlich unnötiger Rückgriff auf klassische Spielmechaniken. Innerhalb des Gefängnisses werden die Helden mit Visionen und Albträumen geplagt, die zufällig ausgerollt werden und scheinbar komplett ohne Konsequenzen sind. Schade, denn das Gefängnis wird zu tatsächlich zur Geisterbahn. Wie das Gefängnis tatsächlich aussieht oder was die Gruppe dort überhaupt erreichen soll bleibt sehr vage, es gibt so beispielsweise auch keine Karte. Nachdem die Helden erfahren, dass ein verrückt gewordener Psioniker für die Albträume verantwortlich ist, geht die Suche nach ihm los. Suche ist dabei ein ziemlich freier Begriff, den viel Einfluss haben die Charaktere auch weiterhin nicht.

Im dritten Akt begegnen die Helden dann endlich dem Psioniker und muss versuchen ihn aus seinem Wahn zu befreien. Wie genau das abläuft, bleibt diesmal offen, der Akt ist nämlich in zwei Seiten abgewatscht.

Erneut ein guter Plot mit schwacher Umsetzung. Als Spielleiter kann man sich hier sicherlich ein paar gute Ideen und Charaktere abgucken, aber die Führung durch das Abenteuer ist für ein Rollenspiel kaum geeignet. Schade, aber vielleicht wird ja das dritte Abenteuer besser.

In „Caught inbetween“ beauftragt der Rogue Trader seine Handlanger erneut um ein politisches Ränkespiel zu schlichten, hinter dem im geheimen ein Chaos Kult die Fäden in den Händen hält. Ziel der Mission ist es herauszufinden, wer von den beiden potentiellen Nachfolgern des im ersten Abenteuer getöteten Gouverneurs der richtige für die Welt ist. In guter Warhammer Manier ist die Wahl von einem der beiden für den Planeten   ein Sieg, der mit hohen Kosten verbunden ist. Denn scheinbar würde die als geeigneter beschriebene Kandidatin nach der Wahl der Gruppe in der abschließenden Zusammenfassung dafür sorgen, dass der Planet am Ende schlechter dasteht als zuvor. Das können die Spieler eigentlich nicht kommen sehen, was ihre Wahl etwas trübt, aber streng genommen ist das für das Setting durchaus angemessen.

Im zweiten Akt gibt einer der Kandidaten ein Bankett und natürlich ist die Heldengruppe dazu eingeladen. Neben der Gelegenheit nochmal Nachforschungen bezüglich der Kandidaten zu ermöglichen, gibt es (natürlich) einen Überfall auf das Bankett durch Assassinen, die sich durch kosmetische Chirurgie an den Bösewicht aus dem ersten Abenteuer angleichen ließen. Da einem der Amtsanwärter die Schuld für den Anschlag in die Schuhe geschoben wird, steht als nächstes ein Besuch bei ebendiesem an. Erwartungsgemäß zeigt dieser sich unschuldig und wird fast im selben Atemzug ebenfalls von Attentätern angegriffen. Aus den dort erlangten Hinweisen wird die Gruppe auf ein Atelier aufmerksam und wird dort vor Ort direkt das erste mal mit Einflüssen der Chaosgötter, in diesem Fall Slaneesh konfrontiert. Dort findet sie auch heraus, wer der Auftraggeber der Attentate ist und beendet so den zweiten Akt. „Blood in the Water“ beginnt, sobald die Gruppe das Atelier verlässt direkt mit einem Angriff des Kults, der nun nicht mehr verdeckt arbeitet. Das kontern die Helden entweder mit direkten Kämpfen oder vorgegeben Encountern, in denen eigentlich nur gewürfelt wird. Die Vorschläge sind eigentlich gut, man sollte die Spieler aber ruhig etwas freier arbeiten lassen, statt ihnen nur die Wahl zu geben ob sie lieber auf Leadership oder Intimidation rollen wollen! Abgeschlossen wird das Abenteuer mit einem letzten Überfall auf die Ernennungszeremonie des von den Spielern gewählten Gouverneurs. Alles in allem ist dieses Abenteuer das bisher beste, weil hier auch viel vorgegeben wird, aber die Spieler haben tatsächlich einen weit größeren Einfluss als bisher.

Im vierten Abenteuer muss die Gruppe ein komplettes Gefängnis voller Psioniker im Meer versenken und begegnet dabei der psychischen Projektion einer Gefangenen, die die Spieler über die Ereignisse in dem Gefängnis in Kenntnis setzen kann und praktischerweise als Werkzeug für den Spielleiter dienen kann, um die Charaktere weiter durch die Handlung zu schubsen. Erneut schlägt sich die Gruppe durch eine beliebige Anzahl und zufälligen Ereignissen und macht sich auf die Suche nach drei Mechanismen, die das Gefängnis zerstören. Den Ersten findet man direkt beim Betreten des Gefängnisses. Der Schalter versiegelt das Gefängnis und hält somit die Gefangenen und die Gruppe verschlossen. Der zweite Schalter wird durch einen Rollenspielencounter mit einer Astropathin umgelegt, woraufhin nur noch der Aufstieg zur Spitze bleibt. Währenddessen gibt es einen sehr interessanten Encounter mit einer Gruppe Eldar, die ihren eigenen Auftrag verfolgen. Der Clou bei dem Encounter: Die Eldar sind die Protagonisten des folgenden Abenteuers, daher nimmt diese Begegnung möglicherweise Einfluss auf deren Mission.

Abgeschlossen wird dieser Akt mit einem Kampf gegen den Dämon, der im Hintergrund für alle Geschehnisse verantwortlich war. In seiner finalen Form wird der  Dämon kurz darauf im Finale bekämpft. Statt einem einfachen Feuergefecht läuft das Finale in einigen kurzen Encountern ab, die für einen stimmungsvollen Abschluss sorgen in dessen Folge der Dämon in den Warp gebannt, das Gefängnis im Meer versenkt und die erfolgreiche Flucht der Helden organisiert wird.

Das letzte Abenteuer in „Dark Tides“ wird nicht mehr aus der Perspektive der altbekannten Gruppe gespielt, stattdessen treten die im vorherigen Abenteuer angetroffenen Eldar in den Mittelpunkt. Die Eldar haben die  Aufgabe einen bestimmten Gefangenen innerhalb des Gefängnisses zu exekutieren, bevor er eine Prophezeiung vollenden kann, welche die Aeldari bedroht. Gleichzeitig wird die Heldengruppe mit einem Dilemma konfrontiert, denn der Eldarf Korsar, der die Gruppe auf den Planeten bringt zweifelt an der Wahrheit des Auftrags und bietet ihnen stattdessen eine Belohnung an, wenn die Gruppe den menschlichen Psioniker entführt, statt ihn zu töten.

Die Vorlesetexte für den Spielleiter sind in diesem Abenteuer äußerst stimmig, da sie die einzigartige Perspektive der Eldar auf die Menschen sehr gut einfangen. So wird beschrieben, wie sehr sich die Gruppe vor den borstigen Haaren der Menschen ekelt oder wie widerwärtig und plump ihre Sprache klingt. Das wird dann besonders deutlich, wenn die Gruppe wahlweise auf die alten Spielercharaktere oder, falls der Spielleiter das nicht möchte, einen Inquisitor und seine Truppe trifft. Hier bieten sich dann interessante Rollenspielmomente, denn die eigenen Charaktere in der Hand des Spielleiters zu erleben ist sicherlich spannend!

Für den Rest des Abenteuers geht es, wie gewohnt, fast wie auf Schienen durch eine Handvoll Kämpfe und treffen auf andere Menschen, bis das Abenteuer mit einem Kampf gegen den zu tötenden Psioniker endet.

  • Handlung
  • Artwork
  • Umfang
  • Entscheidungsfreiheit
  • Extras
3.2

Kurzfassung

Verlag: Ulisses Medien und Spiel Distribution GmbH
Autor(en): Ross Watson
Erscheinungsjahr: 2018
Sprache: Englisch
Format: digital (.pdf)
Seitenanzahl: 126
ISBN-13: 978-1643770338
Preis: 39,99 EUR

Mit „Dark Tides“ ist Ulisses eine spannende Geschichte in der Welt von Warhammer 40k gelungen, die es schafft die Atmosphäre des Universums einzufangen. Leider geschieht das nicht ohne Mängel, denn die Handlung ist zwar gut und die Charaktere handeln nachvollziehbar, allerdings nimmt einen das Buch viel zu sehr bei der Hand. Spielleiter, die sich für das Abenteuer interessieren finden hier sehr gute Ideen für ein hervorragendes Rollenspiel, aber ein einfaches „Plug & Play“ Gefühl kommt hier nicht auf. Wenn Spieler nur ein bisschen anders denken, als das Buch es vorsieht, dann müssen spontan weite Teile improvisiert werden. Das hat man in anderen vorbereiteten Abenteuern schon besser erlebt.
Ein weiterer Punkt, den es zu kritisieren gilt bezieht sich auf das Artwork. Es gibt nur wenige Bilder, die dabei helfen die Atmosphäre auszubauen und die, die es gibt bleiben qualitativ zumeist hinter den üblichen Warhammer Illustrationen zurück.
Dafür sind in dem Buch auch viele gute Ideen. Das Crossoverabenteuer mit den Eldar ist innovativ, gerade der Teil fällt durch seine Andersartigkeit und die Rezeption der Eldar positiv auf. Bei den Folgeabenteuern muss Ulisses aber mehr Freiheiten ermöglichen!

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